In der krise 

liegt die chance

Wer hätte es sich auch nur in Ansätzen ausmalen können, wie sich dieses Jahr entwickelt? Oder wie meine große Tochter vor ein paar Tagen am Telefon zu meiner Mutter sagte: “Wer hätte gedacht, das 2020 zu dem Jahr werden würde, in dem diese Masken ein Trend werden?” Ich auf keinen Fall. 

Ja, das ist natürlich die Frage, ob die Welt noch einen weiteren Artikel über die Corona-Krise braucht. Ganz pragmatisch ist mir eigentlich danach zu sagen: Nein. Es wurde alles gesagt, was gesagt werden konnte, noch viel mehr als benötigt wurde, und vor Allem viel zu wenig von dem, was wirklich die Wahrheit ist. 

Was schlicht und ergreifend daran liegt, dass wir irgendwann immer wieder an den Punkt kommen, dass wir (noch) zu wenig über dieses Virus wissen. Das verunsichert natürlich. Und viele von Denen, die meinen die Wahrheit zu kennen, sind meist irgendwelche Menschen, die nicht mit der Bürde der Verantwortung für sehr viele andere Menschen belastet sind, sondern sich -so scheint es mir- die Verunsicherung Vieler zum Anlass nehmen, um Ihnen noch mehr Angst einzujagen. 

Und ganz ehrlich Leute, da bin ich raus. Die meinen ernsthaft, man solle nicht hysterisch werden und keine Angst haben, eigentlich sei es alles gar nicht so schlimm, nur um dann im selben Atemzug mit einer so perfiden Verschwörungstheorie um die Ecke zu kommen, dass man Nichts und Niemandem mehr trauen kann. Das hilft niemandem weiter und baut noch mehr Angst und Unsicherheit auf. 

Ich glaube, in einer Krise bringt es uns eher weiter sich die grundlegenden Muster anzuschauen. Und die eigenen Glaubenssätze. Da ist es egal, ob es sich um eine globale Krise handelt oder um eine ganz persönliche. Die auch jetzt als eine Folge dieser Pandemie auftreten kann. Und weil ich dazu ermutigen möchte etwas mehr bei sich zu bleiben schreibe ich diesen Beitrag. 

Gehen wir einmal ein paar Schritte zurück. Angst macht krank. Angst schränkt ein und Angst schließt aus. Angst misstraut und Angst ist neidisch. Angst lässt uns in ein Horror-Hamsterrad einsteigen. Und wenn wir den Punkt verpassen zu erkennen, dass wir selbst der Antrieb sind, sind wir damit so sehr beschäftigt, dass wir es nicht mehr schaffen, unsere Beine zu benutzen um den Absprung zu wagen. So muss das nicht sein. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir die BestimmerInnen sind. Ich. Und Du auch. Ich entscheide, was ich denke. Ich entscheide, worauf ich mich fokussiere. Ich glaube, wir können uns immer entscheiden, egal, worum es geht, für Angst oder Liebe. Oder auf wen von beiden wir hören wollen. 

Auch in der Krise. Auch in dieser Corona-Krise. Liebe schafft Vertrauen. Liebe weitet sich aus und ist ansteckend. Liebe gibt Sicherheit und Freude und Leichtigkeit. Mit Liebe können wir kreativ werden, weil wir nicht im Hamsterrad der Angst festsitzen. Egal, was kommt, wir sind frei und wir können entscheiden, wie wir drüber denken. Das ist auch eine gewählte Einstellung. 

Und wenn so etwas passiert, das  man als 

Krise bezeichnen kann, ist es normal, dass als 

erstes die Angst zu Besuch kommt. 


Beziehungsweise, sie ist ein so lauter und polternder Gast, der unglaublich viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, dass man den anderen, leiseren Gast erstmal gar nicht bemerkt. Die Liebe findet gar keinen Raum und keinen Platz. Fatal wäre es dann, die Party für beendet zu erklären, alle rauszuschmeißen um am Ende ganz allein zu sein. Lasst uns mal lieber versuchen, mit beiden ein vermittelndes Gespräch zu führen und die Angst zu beruhigen. Wenn das geschafft ist kann man sie ganz entspannt ziehen lassen und hat den Kopf und das Herz frei für Mut zu Veränderung und für neue Ideen.  Und die flüstert uns die Liebe leise zu, wenn wir uns die Zeit nehmen, genau hinzuhören.

Egal in welcher Krise wir stecken. Was uns Angst macht und uns den Schlaf raubt ist oft ein zu weit in die Zukunft schweifender Blick. Werde ich aufgrund der Krise meinen Job verlieren? Werde ich genug Geld haben für die Miete, kann ich mir diese Wohnung überhaupt noch leisten? Wie soll alles nur werden? Wird mir meine Freiheit nicht jetzt schon genommen, in diesem Augenblick? Wie soll ich meine Arbeit schaffen, wenn ich meine Kinder in Homeschooling unterstützen muss? Wie soll ich es schaffen, dass mein Kind nicht zurückbleibt? 

Welche Fragen auch immer uns umtreiben, meist hilft es schon, sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Ruhig zu atmen, sich bewusst zu machen, dass man in Sicherheit und auch frei ist. Sich nicht auf die Einschränkungen zu konzentrieren, sondern auf die Freiheiten. Nicht auf das, was einem vielleicht in Zukunft fehlt, sondern auf das, was einem jetzt gerade gut tut und wofür man dankbar ist. Manchmal ist es auch besser jemanden um Hilfe zu bitten oder mit jemandem über alles zu sprechen, wenn man Gefahr läuft, sich in so einem Hamsterrad der Angst festzulaufen. 

Das hört sich vielleicht zu abstrakt an und vielleicht habe ich leicht reden, weil meine Existenz nicht bedroht ist, könntest Du jetzt kritisch anmerken. Und das glaube ich auch. 

Ich habe leicht reden, weil ich es mir leicht denke. 


Ich habe viel Phantasie, ich könnte die Zeit jetzt nutzen um mir die gruseligsten Horror-Szenarien über unsere Zukunft auszumalen. Gerade jetzt, wo ich in meinem festen Job nochmal die Stunden reduziert habe, um mich mehr meiner Kunst zu widmen kommt Corona. Genau in dem Bereich, in dem ich arbeite, sollen Stellen gestrichen werden. Keiner hat mehr Geld, um meine Bilder zu kaufen. Mein Mann, der in der Luftfahrtbranche arbeitet, ist in Kurzarbeit und auch bei mir wird sich ab Juli die Kurzarbeit finanziell bemerkbar machen. Können wir uns unser Leben, wie wir es bis jetzt kannten, dann immer noch leisten? Seit Anfang März waren unsere Kinder nicht mehr in der Schule und das wird so weitergehen bis wer-weiß-denn-schon. Wenn wir uns nicht darum kümmern, den ausfallenden Unterricht zu ersetzen werden sie nie mehr mitkommen in der Schule. Und das wäre nur der Beginn der selbstprogrammierten Abwärts-Spirale. Da habe ich schlicht und ergreifend keinen Bock drauf. Ist nicht meins.

Ich freue mich lieber heimlich schon auf die unerwartete glückliche Wendung, und was soll ich sagen, meist kommt sie kurz danach pfeifend um die Ecke gebogen, und das in völlig unterschiedlichen Erscheinungen.


 Ich habe auf einmal mehr Zeit, meine nächste Ausstellung vorzubereiten, ein Kunde hat auf einmal einen großen Auftrag für mich und ich bin schon gespannt, was als Nächstes kommt. Ich gehe einfach mal davon aus, dass alle Änderungen, die sich in dieser Krise für uns ergeben, unserem Besten dienen. Auch wenn es erstmal nicht unbedingt den Anschein haben mag. 

Das heißt nicht, dass ich hier in einer Friede-Freude-Eierkuchen-Welt lebe. Natürlich ist Homeschooling eine Herausforderung, wenn beide Eltern auch zuhause arbeiten und Dinge fertig werden müssen - für die Arbeit und für die Schule. Wir haben nicht für alle einen Computer und der Drucker, den ich extra angeschafft habe funktioniert nicht. Die Fachabteilung meldet sich seit 2 Wochen nicht und so kann ich weder Illustrationen noch Arbeitsblätter ausdrucken. Keine Ahnung, wie lange das noch so gehen soll. Aber ich finde meine Kinder sind sehr begabt und intelligent. Wenn jetzt nicht alle Aufgaben, die von der Schule kommen erfüllt werden können, wird davon die Welt nicht untergehen. Es kann nicht immer alles perfekt sein, und das muss es auch gar nicht. Uns ist wichtig, dass sie im Haushalt mitmachen, Verantwortung übernehmen für altersentsprechende Aufgaben und natürlich auch für die Schule arbeiten. Und einfach auch Spaß haben. Sie tun mir eh leid, weil sie ihre Freunde so viel weniger sehen können und ich finde einfach, dass eine gute Stimmung in der Familie, ein bereicherndes Miteinander sehr viel mehr wert sind, als rechtzeitig eingereichte und vollständige Schulaufgaben. Ich möchte Euch die Details ersparen, aber das ist alles schon herausfordernd genug. Wir möchten uns und unsere Kinder nicht noch diesem zusätzlichen Druck aussetzen und uns über die Schule streiten (das kriegen wir aber auch trotzdem hin) wenn für alle die Welt auf einmal eine andere ist. Diese Zeit ist so verrückt, da bleibt immer mal etwas auf der Strecke. Ich finde, das sollten nicht unsere wichtigsten Beziehungen sein. Wenn die Schule wieder beginnt, wird sich alles auch wieder zurecht ruckeln. Und wir genießen lieber - so gut es eben geht - diese gemeinsame Zeit. 

Ein guter Tipp ist immer, die Sätze, die man spricht oder die in unserem Kopf herumschwirren auf deren Ursprung hin zu untersuchen. Und wenn klar ist, dass der Satz von der Angst kommt, zu überlegen, was die Liebe dazu sagen würde. Die Liebe vertraut darauf, dass alles gut wird. Für die Angst endet alles im Chaos. Wir sind die BestimmerInnen darüber, was wir denken. Denken wir groß. Denken wir weit. Und vertrauen wir darauf, dass durch diese Krise vieles zum Guten gewendet wird. Vor ein paar Wochen bin ich auf die Straße gegangen, weil es mir wichtig ist, unseren Planeten zu erhalten und ihn nicht immer weiter zu zerstören und ich hätte mir niemals auch nur in Ansätzen vorstellen können, was die Menschen dazu bewegen würde, nicht mehr so viel zu fliegen oder auf Kreuzfahrten zu verzichten. Das Auto mal stehen zu lassen und das Rad benutzen. Nicht so viel zu arbeiten und stattdessen Dinge tun, die man schon immer mal ausprobieren wollte oder einfach mal zu entspannen. 

Und was soll ich sagen. It is happening. Wenn ich spazieren gehe, sehe ich Gesichter, die (Achtung, es handelt sich um einen höchst persönlichen Eindruck und um keine Studie) auf einmal viel entspannter aussehen. Und ich glaube, nachdem das hier nicht über Nacht wieder auf das alte Normal geschaltet werden kann, werden sich noch so viele Chancen auftun. Für uns alle. Für Arbeitende in systemrelevanten Berufen können sich Chancen ergeben, weil endlich mal gesehen wird, dass es ohne sie nicht geht und dass sie endlich angemessen bezahlt werden müssen. Ja, unglaublich viele Jobs werden wegfallen. Aber wir beginnen allmählich auch zu verstehen, dass es deutliche Nachteile hat, wenn man alle mögliche Produktionen auslagert oder billige Arbeitskräfte aus dem Ausland einkauft und im Notfall dann ziemlich blöd dasteht. Ausbeutung, die überall auf der Welt und auch bei uns zuhause stattfindet, wird in dieser Krise viel offensichtlicher. Und mit alldem öffnen sich auch neue Chancen; wenn wir wieder regionaler werden wollen, werden auch neue Jobmöglichkeiten kommen.

Bitte lasst uns aufhören, auf die zu hören, die Angst haben und uns damit anstecken wollen. 

Lasst uns darauf vertrauen, dass für uns ganz viele Chancen in dieser Krise stecken und endlich Dinge zum Guten verändert werden können. 

Lasst uns kreativ werden und neue Wege gehen. 


Wenn uns diese Zeit Eines gelehrt hat, dann ist es doch dies: wir müssen nicht mehr alles genau so machen wie es immer gemacht wurde, es geht alles auch ganz anders und im Zweifel sogar schneller als man gedacht hätte.